December 17, 2020

Was bringt Weihnachten 2020?

Unser Weihnachtsruf des letzten Jahres war „Wachet und Werdet“. Weihnachten 2020 ist alles anders, wird uns gesagt.
Wie feiert man Weihnachten dann heute?
Ich versuche einen Vergleich der Weihnacht „1“ mit der von „2020“.

Es geht dabei nicht um die Frage, ob die Weihnachtsgeschichte wahr ist im wissenschaftlichen Sinne, es geht um die Frage, was wirksam geworden ist vor dem Hintergrund dieser Geschichte: Da ist eine Welt, die sich in Grausamkeit, Zerrüttung und Ungerechtigkeit entwickelt, ist eine Menschheit, die ihre gemeinsame Aufgabe nicht richtig versteht. Dann geschieht die Geburt eines Menschenkindes, das mit einem hohen Auftrag in diese Welt eintritt. Dieses Menschenkind kommt als Flüchtlingskind. Die schwangere Mutter muss aus Steuererhebungsgründen auf beschwerlichen Wegen weit reisen und findet, angekommen, keine bessere Unterkunft, um ihren Knaben zu gebären, als auf dem Felde einsam in einem Stall. Und doch hat die Welt etwas bemerkt – besser gesagt, einige wenige dieser Welt.

Da kommen arme Hirten, die mit ihren Tieren in der Nähe auf dem Feld leben, zur Geburtsstätte, weil sie spüren, dass etwas Überirdisches geschieht. Und da kommen drei staatstragende Weise mit Gefolgschaft aus fernen, fremden Ländern hergezogen, die an den kosmischen Kräften (Sternekräfte)bemerkt haben, dass etwas Außerordentliches in Nazareth passiert, sich eine Änderung ankündigt. Das zieht sie so an, dass sie den Geburtsort finden.

Der örtliche Machthaber erfährt über sie von dem Ereignis. Er ängstigt sich um seine Macht und lässt kurzerhand alle in entsprechendem Geburtszeitraum und entsprechender Umgebung geborenen Knaben ermorden. Sein Ziel erreicht er aber nicht, weil die göttlich geistige Welt der Familie zur Flucht verhilft, damit der Knabe seinen Auftrag weiter erfüllen kann. So lebt dieser still 30 Jahre in seiner Familie, hörend und lernend, ohne aufzutreten, außer einmal im Tempel mit 12 Jahren, sich vorbereitend auf seine Aufgabe.Er will die Welt verändern, sie erheben auf einen Weg zum Göttlichen. Der Himmel ist nicht auf Erden, aber die Erde kann himmlisch werden, wenn die Menschen göttlich werden. Dies ist die Botschaft des Jesus von Nazareth, des Christus, die er in Worten und Taten während der drei Jahre seines Wegs aufzeigt und damit existenzielle Wahrheit schafft.

„Liebe deinen Nächsten als Dich (als wärest Du es) selbst.“ „Geben ist seliger als Nehmen.“ Die beiden Grundsätze steigern einander. Die Geschichten der Evangelien berichten, wie Christus Heil und Segen verbreitet, Aufmerksamkeit erregt, auch weil er die herrschende Ordnung hinterfragt. Die Verunsicherung können die Machthaber nicht ertragen und entscheiden, ihn aus der Welt zu schaffen, bevor ihre Macht gefährdet würde. Dabei hatte er lediglich andere Lebensgrundsätze empfohlen, sie selbst angewandt, aber keine staatliche Macht und Unterstützung beansprucht, sondern nur empfohlen: „Folget mir nach!“ Und es sind viele nachgefolgt, woraus sich eine inzwischen 2000 Jahre währende Bewegung bildete. Der existenziellen Wahrheit widmet Goethe die Qualität:

„Was fruchtbar ist, allein ist wahr.“

Aber Streitigkeiten in der christlichen Bewegung selbst und mit der Welt über Bedeutung und Verstehen dieser Wahrheit haben die Tiefe der Botschaft in den Hintergrund rücken lassen. Sie haben den Ruf des „Folget mir nach“ teilweise verkehrt in Bekehrungsfanatismus, Übergriffigkeiten und Eigenmächtigkeiten. Die Schwächung dadurch bringt nun erneut den Ruf nach einem„Reset“. Bisher ging es um das Ringen der Menschengemeinschaft nach dem Aufsteigen zum Göttlichen.

Dies hat im sozialen, rechtlichen und ideellen Zusammenleben viel Gutes bewirkt. Aber durch die Schwächung gewinnen neue Mächte und Kräfte an Bedeutung, die ein „Reset“ anderer Art wollen. Sie nennen es „The Great Reset“. Es stellt die Menschheit vor die Frage, ob sie weiter ringend aufsteigen will zum Göttlichen – dem Ruf des Jesus Christus folgend – oder ob sie den Versprechungen einer neuen Weltherrschaft folgen will, die Krankheit, Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu überwinden vorgibt.
Damit könnte sich die Menschheit vom selbstbewussten, verantwortlichen Menschen hin zu gut versorgten Lebewesen entwickeln. Der Ruf „Folget mir nach“ würde ersetzt durch: „Glaubt unseren Versprechungen und gehorcht, sonst müssten wir euch noch zu eurem eigenen Glück zwingen.“

Dieser neue Satz enthält die Versuchung, unsere Mühen in Selbsterkenntnis, Selbstgestaltung zu ersetzen durch die Ruhe, Gleichheit und Ordnung eines betreuten, gesicherten, aber dafür nicht freien und individuell gestalteten Lebens. Dies ersparte uns die Selbstüberwindung und das Streben nach Verwirklichung unserer eigenen Ideen durch gesicherte Angleichung von Ideologie und Kooperation im Sinne der Mächtigen des großen weltweiten Ganzen.

In kleinen Vorübungen dazu stecken wir vielleicht schon – zu prüfen, wie schnell und weit man mit dem „Great Reset“ voranschreiten könnte. Vielleicht hilft Corona schon, uns zur Vernunft zu bringen. Es ist ja einleuchtend, dass Ansteckung am besten durch Isolation verhindert werden kann. Aber auf diesem Weg kommt man leicht von einer Eigenverantwortung zur Übergabe an ein Gesundheitssystem, das ja wirklich besser sein kann. Nun stehen wir zwischen den Wegen der Selbstständigkeit und der Folgsamkeit, das heißt, zwischen eigenmächtigem Leben und Ringen und dem Weg, auf die eigene Gestaltung weitgehend zu verzichten, uns fügend und einordnend.

Die Erneuerung, die mit der Geburt von Jesus Christus in der ersten Weihnacht veranlagt ist, die zur Entwicklung unserer Menschheit hin zum Göttlichen führen kann, soll ersetzt werden durch das Ideal einer Weltordnung, die unser wesentlich Menschliches auf gut geführte Lebewesen reduziert. „Wachet und Werdet“ ist wichtiger denn je! „Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave“ (Aristoteles).

Weihnachten 2020 bringt die Herausforderungen, uns zu entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen und wofür wir eintreten wollen. Wir werden nicht alle gleich entscheiden. Das wird auch zu Auseinandersetzungen führen. Seien wir vorsichtig bei allen, die uns versprechen, den Tod aus der Welt zu verbannen, oder die uns mit dem Tod Angst machen wollen. Es wundert sicher nicht, wenn ich die Worte Goethes zur Unterstützung nehme: „Der Tod ist ein Kunstgriff der Natur, viel Leben zuhaben“ und „Wenn Du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, dann bist Du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde“. Tod und Geburt sehen wir bei allen Lebewesen um uns. Und dass der Tod der Beginn einer neuen Geburt ist, machen die Pflanzen jährlich offensichtlich.

Weihnachten ist ein Geburtsfest, das den Frieden auf Erden und den Menschen guten Willens verspricht. Ein tröstlicher Gedanke, mit dem wir auch gut in das neue Jahr gehen können.

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ZUR PERSON

Wolfgang Gutberlet

der „Ökomanager des Jahres 2005" wurde 1944 in Fulda geboren. Nach dem BWL-Studium trat er 1970 in das väterliche Unternehmen „tegut..." ein, das er bis 2009 leitete. Es war sein persönliches Anliegen, die Menschen mit gesunden und nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu versorgen. Mit der Übergabe des „tegut..."-Handels an die „Migros" 2013 wurde Wolfgang Gutberlet Vorsitzender des Aufsichtsrates der W-E-G Stiftung und Gesellschafter der W-E-G GmbH & Co. KG mit Sitz in Fulda. Wolfgang Gutberlet wurde mehrmals ausgezeichnet, u.a. als Entrepreneur des Jahres 2007, und 2008 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis.